Montag, 30. März 2015

Die Rückkehr des Honigweins

Honigwein, oder Met, im Mittelalter durch das Aufkommen des billiger und einfacher zu produzierenden Bieres verdrängt, feiert seine Renaissance. Wie viele Spezialitäten die ein wenig in Vergessenheit geraten sind ist auch der Aufschwung des Honigweins dem Engagement und dem unerbittlichen Streben nach Qualität einer jungen Generation zu verdanken, die sich ohne Berührungsängste einem etwas antiquierten Wissen annimmt. "Raus aus den kostümierten Mittelaltermärkten, auf die Tische neugieriger FeinschmeckerInnen und gestandender Gourmetlokale" ist die Devise von Alexander Eckert, einem diplomierten Imker der im bernischen Kleindorf Innerberg wunderbaren Met siedet.


Dabei werden in einem ersten Schritt Honig und Wasser gemischt. Wer Honig mag weiss um die unheimliche Varietät dieses wunderbaren und komplexen Naturproduktes. Die Wahl des richtigen Honigs hat deshalb einen entscheidenden Einfluss auf den Geschmack des Met und ist entsprechend schwierig. Die enormen Preis- und Qualitätsunterschiede müssen dabei berücksichtigt werden denn ein Kilo heimischen Honigs ist im Schnitt fünf mal teurer als Honig aus Osteuropa und so hat die Wahl des Honigs nicht nur einen Einfluss auf den Geschmack sondern eben auch auf den Preis. Eckert kauft zurzeit pro Jahr zwei Tonnen zertifizierten Bio-Blütenhonig aus der EU und der Schweiz ein. Ziel ist aber, zumindest einen Teil der Produktion zu 100% mit heimischem Honig herzustellen. In Zeiten des massiven Bienensterbens ist es aber nicht ganz einfach, die nötigen Mengen an Biohonig zu finden die zu einem noch bezahlbaren Endprodukt führen. Nun ist Honig ein Naturprodukt welches jedes Jahr anders schmeckt. Es gibt dazu wie beim Wein Wettbewerbe mit Gold-, Silber- und Bronzemedaillen, es gibt ein Aromenrad und sogar einen Farbfächer (mielicromia) zur Honigbestimmung. Und wie ein Kellermeister muss auch Siedemeister Eckert die richtige Assemblage der Geschmacksnoten finden die seine zurzeit zwei verschiedenen Mete definieren. Ein dritter ist übrigens fast verkaufsfertig, bei meinem Besuch vor zwei Wochen fehlte nur noch die Etikette. Das verwendete Wasser ist Quellwasser aus der hauseigenen Frienisbergquelle. Durch den natürlichen Filtrierungsprozess der Gesteinsschichten lösen sich Mineralsalze und Spurenelemente und geben dem Wasser so seinen Geschmack.

 
Anschliessend wird den Honig/Wasser-Mischungen reine Zuchthefen beigegeben. Diese basieren auf Weinhefen und haben deshalb ein sortentypisches Aroma welche den Geschmack des Mets beeinflusst. Eckert gibt dann auch noch Kräuter dazu. Und nun kann die Gärung beginnen. Weil die Säure fehlt, ist die Anfangsgärung etwas schwieriger als beim Wein, manchmal hilft auch vorgegorener Honig bei dem als "Abfallprodukt" bereits natürliche Hefe drin ist. Die Gärung dauert zwischen 5 bis 8 Wochen. Dann wird der Honigwein auf 55° C erhitzt damit die Hefen und andere Mikroorganismen absterben. Viele andere Produzenten füllen den Met zu diesem Zeitpunkt in Flaschen ab. Nicht so Alexander Eckert. Er lässt ihn setzen, sein Met wird nicht filtriert. Dies dauert, je nach Jahreszeit zwischen zwei und sechs Monaten. Erst dann wird abgefüllt. Und was passiert mit dem Satz? Als nachhhaltig wirtschaftender Unternehmer wirft Eckert diesen nicht einfach weg sondern lässt ihn brennen, so gibt's aus dem Abfallprodukt wunderbaren Honigweinbrand. Und auch der Schutz der Bienen ist Eckert, natürlicherweise, sehr wichtig. So geht von jeder verkauften Flasche ein Teil des Erlöses in den Schutz und Fortbestand der dunklen Biene, ein Slow Food-Presidio.


Ich war gespannt auf die Degustation denn ich kannte bis dahin den Honigwein, oder Hydromel, wie er hier in der Westschweiz heisst, nur vom Hörensagen. Vor allem war ich neugierig, ob das einfach so eine Art süssklebriger Honiglikör sei. Als erstes degustierten wir den Milfion, ein ganz leicht naturtrüber Met mit einem Alkoholgehalt von 12,5%. In der Nase schmeckten wir reife Quitte.  Im Gaumen war er war leicht und, zu meiner grossen Überraschung, erfrischend, mit Noten von Melisse. Wir könnten ihn uns gut vorstellen zu Blauschimmelkäsen oder auch einem schweren, dunklen und schön feuchten Schoggikuchen. Oder aber auch als Apérobegleiter zu luftigem Schwarzwälderschinken. Mein erster Eindruck von Met war also mehr als positiv. Das Zeug schmeckt definitiv gut! Überhaupt nicht klebrig süss dafür mit einem ausgewogenen Säurespiel.



Der zweite Wein den wir testeten war der Norse. Ein sattes Goldgelb kann den Honig nicht verleugnen. In der Nase war er würzig, mit Noten nach gerösteten Mandeln. Im Gaumen wie, hmmm ... ja genau, wie "Dance with me" von Nouvelle vague, ausgewogen rund, leicht rauchig, rassig. Geht es Ihnen auch manchmal so, dass Sie einem Geschmackseindruck sofort und eindeutig ein Lied zuordnen können? Nun, ich geb's zu, es war nicht genau dieses Lied sondern eines von Little Willie Littlefield & The Jivin' Jewels, Driftin' Blues, das fand ich aber nicht auf Youtube und Nouvelle Vague passt auch wunderbar zu diesem Met, der etwas nordisch, raues hat. Er begleitet sicher wunderbar Grilladen, Wild oder, mit Aprikosen und Feigen einkocht einen Tajine. Im Gaumen schmecken wir Wacholder, Zimt aber auch etwas Crème brûlée. Ein aussergewöhnlich vielschichtiger Tropfen der mit 14% aber auch etwas schwerer ist.



Anschliessend degustierten wir noch zwei weitere, einmal spritzig, frisch, erst nach Minze, dann nach warmen Gewürzen, auf der Basis des Norse der ausgezeichnet zu Lamm passen würde, der andere ohne Kräuter und mit einer anderen Hefe. Im Gaumen komplett anders, mit Mandel- und Grapefruitnoten. Ich hätte den Artikel nicht erst jetzt schreiben sollen sondern gleich nach meinem Besuch.  Ich bin sicher, Alexander Eckert gibt Ihnen gerne nähere Auskunft dazu ... Und der Brand zum Abschluss war fein, blumig, fruchtig in der Nase und im Gaumen schön mild, fruchtig mit Honignote. Auf alle Fälle hatte ich auf dem Heimweg noch fast bis Yverdon Honignoten im Gaumen. Ich stellte mir frischen, noch lauwarmen Apfelkuchen vor oder einen grillierten Ziegenfrischkäse mit einer knusprigen Baguette und grünem Salat ....

Die Preziosen der Metsiederei Eckert findet man zu mehr als nur einem vernünftigen Preis in Weinhandlungen, Bioläden und bereits auf den Tischen des einen oder anderen Gourmetrestaurants (Verkaufsstellen findet man auf seiner Website) oder online bei bestswiss.ch. Ein Getränk dass übrigens auch gut bei Caterings ankommt, ganz speziell bei Hochzeiten. Früher war es Brauch, dass während des Honeymoons (der Flitterwochen) einen Monat lang Met getrunken werden sollte um so die Nachfolge zu gewährleisten. Alexander Eckert macht auch gerne Degustationen, sei's auf Messen oder speziell auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten, bei Ihnen oder im schönen Innerberg.

Und wie sieht die Zukunft aus wollte ich von Alexander wissen. Er hat viele Ideen im Kopf, eine die er früher oder später ganz sicher ausprobieren wird ist die Reifung im Barrique. Ich könnte mir auch gut einen Sparkling Met vorstellen oder einen Honigweinessig. Der wäre dann so ein bisschen balsamicomässig, ein bisschen einkochen vielleicht und zu einem Stück Alpsbrinz, oder so ... Schön fände ich auch einen kaltabgefüllten Met damit die wertvollen Eigenschaften des Honigs beim Erwärmen über 45° C nicht verloren gehen. Allerdings ist die Gefahr, dass dieser dann in der Flasche weitergärt recht hoch. Wie auch immer, geben wir dem Honigwein seine "lettres de noblesse" zurück. Holen wir ihn uns als gleichberechtigten Partner zu einer guten Flasche Traubenwein oder handwerklich gebrautem Bier auf den Tisch. Sie werden überrascht sein wie gut er sich schlägt. Wetten?

Wer mehr über Alexander Eckert und seine Beweggründe wissen möchte, dem sei dieser schöne Artikel hier empfohlen und wer mehr über Met wissen möchte, dem empfehle ich den guten Beitrag auf Wikipedia.