Dienstag, 23. März 2010

Aber Simens, Schnee im August?!


In einem meiner letzten Beiträge habe ich mich dem Thema Pellkartoffeln (oder Gschwellti, wie wir in der Schweiz sagen (oder Hültschegümmel, wie man in Schwyz zu sagen pflegt)) gewidmet. Am liebsten einfach mit Butter und Salz. Eine andere Variante entnehme ich dem Buch, das ich gerade lese und Ihnen wärmstens ans Herz legen kann, auch wenn ich erst auf Seite 39 bin.

Das Buch ist ein biografischer Roman von René Simmen und heisst so wie der Titel dieses Beitrages. Es ist im wunderbaren Verlag Salis erschienen den Sie vielleicht noch nicht kennen der aber ganz sicher einen Klick wert ist!

Zurück zu den Kartoffeln. Da les ich also folgende Zeilen. Ich zitiere:

"Wir erhielten soeben frischen Beluga-Kaviar. Wir würden ihn als leichte Vorspeise mit Crème fraîche und einer kleinen Pellkartoffel servieren", empfahl Siro.
"Gerne", sagte Deborah.
"Und ein Glas Chamagner von Mercier dürfte wohl das Richtige dazu sein?!"
"Gerne", sagte Deborah.
"Gerne" sagte Deborah auch zur Consommé à la Souverraine und einem Sherry, "gerne" zur Timbale au Prince Impérial, zu den Ailes de Poulets à la Lucullus, den Champignons sous Cloche, dem Versuchsbissen von einem Chevreuil tyrollienne, zur Glace Pouding, den Fruits und Petits Fours und zu den Weinen: Bordeaux, Burgunder, ein Gläschen Château d'Yquem. Sie ass und ass, schlug ihre perlweissen Zähne in Pasteten, Gelatinen, Salate, Sülzen, Krebsgetier, Braten, Braisés, Gemüsesoufflés, Eier- und Süssspeisen, in Obst und Gebäck und stopfte in sich, was ein junges lebenshungriges Geschöpf in sich zu stopfen vermag.
Warum, oh Gott, sind junge Leute so hemmungslos? Sie schaufeln und schieben mit Löffeln, Gabeln, Messern, und Fingern Fettes und Mageres, Dünnes und Dickes, Süsses und Saures in sich hinein, unaufhörlich, wie es Deborah jetzt tut. Und Siro D., Little Philippe, der Kellner, und Jean-Pierre, der Sommelier, lächeln, nicken, wünschen guten Appetit. Dieses Gesindel, und vor allem Siro, dem es nur darum geht, mir aus Rache den letzten Cent aus der Tasche zu ziehen. Und Deborah? Sie hebt das Glas, blickt verzückt um sich, spreizt den kleinen Finger ...

Ende Zitat. Ja, warum sind junge Leute so hemmungslos? Noch eine andere, kurze Passage möchte ich zitieren:

Dort sass Pertuzzi auf einem Stuhl, noch immer zitternd vor Angst. Giuliana Petuzzi stand am Herd. Als Thomas nach den Gangstern fragte, schüttelte sie wütend den Kopf. Gabriele schöpfte Ricottaklösschen aus heissem Öl auf eine Platte und goss Honig darüber. Sie waren zum Anbeissen schön.

Ende Zitat. Die ideale Lektüre in der Fastenzeit :-)

«Aber Simens, Schnee im August?» basiert auf der wahren Geschichte der Tessiner Familie Delmonico, die anfangs des 19. Jahrhunderts nach New York ausgewandert ist und bald nach ihrer Ankunft die exklusivsten Restaurants entlang des Broadways führte. Auf diesem Fundament und vor dem Hintergrund des boomenden New York des «Gilded Age» entsteht ein geistreicher, lustvoller und saftiger Schelmenroman mit den Abenteuern der zwei Schweizer Auswanderer Henry Simens und Thomas Caflisch im Mittelpunkt. René Simmen hat in jahrelanger Recherchearbeit zu seinem Roman unzählige wissenswerte Fakten, Bilder und Hintergrundinformationen gesammelt, die als Randspalte mitlaufen und dem Roman eine zusätzliche Dimension geben.

Der STERN schreibt zu diesem Buch: Es gibt Bücher, deren sinnliche Schönheit sich niemals auf einem E-Reader entfalten wird. Hinter dem kuriosen Titel ›Aber Simens, Schnee im August?!‹ versteckt sich eine solche Kostbarkeit.

Mehr braucht man dazu nicht zu sagen.

P.S.: Heute gibts Hültschegümmel zu Mittag

3 Kommentare:

Petra aka Cascabel hat gesagt…

Danke für diese wunderbar klingende Empfehlung! Das wird in Kürze ein Geschenk.

Aber was sind Hültschegümmel? Eben schlau gemacht: In der Schale gekochte Kartoffeln, also Pellkartoffeln?

Sven Ahlborn hat gesagt…

genau. wie sagt man denen denn im tessin?

kitchen roach/galley roach hat gesagt…

Auch ich wollte schon nach den Hueltschguemmel fragen. Danke fuer den Buch-Tip!