Mittwoch, 27. November 2013

Stilton - Ein Annäherungsversuch an den englischen Blaukäse


Stilton, eine Legende für die Einen, eine Zumutung für die Anderen. Seitdem ich mit einer Französin verheiratet bin hat sich meine Käsehorizont, der - ich geb's zu - ziemlich begrenzt war, nach Südwesten hin geöffnet. Wunderbare Entdeckungen habe ich gemacht und sogar (!) Weichkäse kennen- und lieben gelernt. Das war vor 15 Jahren.

Dank Michael Fontana-Jones vom British Cheese Center habe ich eine Entdeckungstour durch Englands Käsewelt gemacht. Mann, vielleicht können die Engländer nicht kochen aber Käse, Käse können die machen, da haut's mich aus den Socken.

Und wie bei den französischen Schimmelkäsen hab ich auch bei den englischen immer ein bisschen die Nase gerümpft. Zu stark, zu salzig, irgendwie nicht mein Ding. Nachdem ich aber in der Zwischenzeit auch einen Zincarlin (zwar kein Schimmelkäse aber sonst ziiiiemlich heftig!) nicht verachte, dachte ich mir, ich probiers mal mit dem Stilton. Meine Mutter isst den Gorgonzola kiloweise mit Birne. Ich hab mir deshalb auch eine Birne ausgesucht für den Test. Erst gibts aber noch ein paar Infos zum Stilton:

Lange bekannt als "der König der Käse" ist der blaue Stilton einer von einer Handvoll britischer Käse, der den Status "geschützte Kennzeichnung der Herkunft" (PDO = "protected designation of origin") von der europäischen Kommission gewährt bekommen hat. Nur Käse, der in den drei Grafschaften Derbyshire, Leicestershire und Nottinghamshire produziert und gemäß eines strengen Kodexes hergestellt wird, darf Stilton genannt werden. Es gibt lediglich sieben Molkereien, die die Genehmigung haben, Stilton herzustellen. Diese werden regelmäßig von einer unabhängigen Kontroll-Agentur überprüft, die nach der europäischen Norm EN 45011 zugelassen ist.
Um sich Stilton nennen zu dürfen, muß jeder Käse:
- nur in den drei Grafschaften aus hiesiger Milch, die vor dem Gebrauch pasteurisiert wurde, hergestellt werden
- nur in einer traditionellen zylindrischen Form produziert werden
- die Möglichkeit haben, seine eigene Kruste oder Schicht zu bilden
- ungepreßt sein
- zarte blaue Adern haben, die strahlenförmig von der Mitte ausgehen
- ein Geschmacksprofil haben, das typisch für Stilton ist.

Wie bekam er seinen Namen?Stilton wird immer noch in der fast genau gleichen Art und Weise gemacht wie vor Hunderten von Jahren, als Daniel Defoe, als er seine "Reise durch England & Wales" schrieb, bemerkte daß er "... durch Stilton kam, eine Stadt, die berühmt ist für Käse". Und dennoch wurde Stilton niemals in der Stadt Stilton hergestellt!
Stilton liegt ca. 130 km nördlich von London an der alten Great North Road. Im 18. Jahrhundert war die Stadt eine Zwischenstation für Kutschen, die von und nach London und York fuhren. Die Pferde wurden gewechselt, und den Reisenden wurden kleine Erfrischungen in einer der Herbergen in der Stadt serviert. Cooper Thornhill, ein Unternehmer aus den östlichen Midlands, war Wirt des berühmten Bell Inn. Er war es, der diese Reisenden bekanntmachte mit einem weichen, cremigen, blau geäderten Käse, der von da an den Namen der Stadt bekam. Thornhill hatte den Käse von einer Bäuerin namens Frances Pawlett gekauft, die in der Nähe von Melton Mowbray lebte.
Der Rest ist, wie sie sagen, Geschichte!

Wie wird Stilton hergestellt?Jeden Morgen wird in der Frühe frische pasteurisierte Milch in ein offenes Faß gegeben. Dazu kommen dann säurebildende Bakterien (Starterkulturen), ein Milchgerinnungsmittel (wie z.B. Lab) und "penicillium roqueforti" (Blauschimmelsporen). Sobald sich der Käsebruch gebildet hat, wird die Molke entfernt, damit der Käsebruch über Nacht abtropfen kann. Am folgenden Morgen wird der Käsebruch dann in Blöcke geschnitten, die weiteres Abtropfen zulassen, bevor er gemahlen und gesalzen wird. Jeder Käse benötigt ungefähr 11 kg gesalzenen Käsebruchs, der in zylindrische Formen gegossen wird. Die Formen werden dann auf Bretter gestellt und jeden Tag umgedreht, damit ein natürliches Abtropfen für 5 oder 6 Tage ermöglicht wird. Dadurch wird sichergestellt, daß sich die Feuchtigkeit im Käse gleichmäßig verteilen kann, so daß der Käse, der nie gepreßt wurde, die flockige, offene Textur bilden kann, die er für die wichtige Phase des Blauwerdens benötigt. Nach 5 bis 6 Tagen werden die Zylinder entfernt, und die Schicht von jedem Käse wird durch Glattstreichen oder Einwickeln versiegelt, um zu verhindern, daß Luft in das Innere des Käse gelangt. Der Käse wird dann zum Lager gebracht, wo die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit sorgfältig kontrolliert werden. Während dieser Reifungszeit wird jeder Käse regelmäßig umgedreht. Nach ungefähr 6 Wochen bildet der Käse seine traditionelle Stilton-Kruste und ist dann bereit, mit Nadeln aus rostfreiem Edelstahl durchstochen zu werden. Dadurch kann Luft in den Teig des Käse gelangen, um die magischen blauen Adern zu bilden, die mit Stilton in Verbindung gebracht werden.
Nach ungefähr 9 Wochen, wenn jeder Käse ca. 8 kg wiegt, kann der Käse verkauft werden. Aber bevor das geschieht, muß jeder Käse beurteilt werden. Dazu wird ein Käse-Eisen verwendet, mit dem man in den Käse bohrt und ein Stück Käse herauszieht. Durch optische und geruchsmäßige Überprüfung kann der Bewerter bestimmen, ob der Käse den Anforderungen entspricht und als Stilton verkauft werden kann. Käse, der die hohen Anforderungen nicht erreicht, wird als "Blauschimmelkäse" verkauft.
 

Zu diesem Zeitpunkt ist der Stilton noch ziemlich bröselig und hat einen leicht sauren Geschmack. Einige Kunden bevorzugen einen reiferen Käse. Nach weiteren 5 oder 6 Wochen wird er eine glattere, beinahe butterartige Textur mit einem kräftigeren, ausgereiften Geschmack haben.

Mein Potted Stilton hatte schon einen ziemlich kräftigen Geschmack. Zusammen mit der Birne ergab das aber ein wundebar harmonisches Geschmackserlebnis welches einfach unwiderstehlich war. Schon nach kurzer Zeit sah es in meinem Topf so aus:

Natürlich hatte ich den nicht auf einmal weggefuttert. Einmal hab ich ihn auch einem Kürbisrisotto beigefügt. Die beiden vermählten sich unheimlich glücklich miteinander und bescherten uns ein fantastisches Abendessen. Bei Annemarie Wildeisen findet man auch eine Stilton-Suppe und Marlein Overakker bestätigt mir, dass Stilton und Birne (und Baumnüsse) prima passt. Hier noch ein paar Angaben zur Verwendung des Stilton:

Die Verwendung des blauen Stiltons- Blauer Stilton ist eine vielseitige und einfach zu verwendende Zutat in einer Reihe von Vorspeisen und Hauptgerichten – eine kleine Sache mit großem Effekt. Für Ideen besuchen Sie uns im Internet auf unserer Internetseite http://www.stiltoncheese.com.
- Wie alle guten Käse sollte blauer Stilton am besten bei Raumtemperatur (20°C) serviert werden.
- Blauer Stilton ist ein absolutes Muß auf der Käsetafel – servieren Sie ihn mit Kräckern oder zur Abwechslung mit dem in Großbritannien traditionellen Pflaumenbrot (= plum loaf).
- Blauer Stilton paßt gut zu jedem Wein – probieren Sie es einfach aus.
- Im Gegensatz zu den meisten Käsesorten kann blauer Stilton erfolgreich eingefroren werden. Wickeln Sie ihn in Frischhalte- oder Aluminiumfolie ein und bewahren Sie ihn im Gefrierfach bis zu 3 Monaten auf. Tauen Sie ihn über Nacht im Kühlschrank auf und lassen Sie ihn sich auf Raumtemperatur erwärmen, bevor Sie ihn servieren.


Fazit: Der Stilton gehört ganz eindeutig in den Käsehimmel!




Keine Kommentare: