Montag, 19. Januar 2009

Seraphino Ambroisie

Jedes Mal wenn der Nebel wieder durch das Tal und seine Glieder zog überfiel Seraphino Ambroisie das Verlangen, seinen Rucksack zu packen und hoch zu gehen, in seine kleine Hütte in den Bergen. Dort wäre er raus aus dieser kalten Suppe und den damit verbundenen trüben Gedanken. Dieses Grau verbreitete sich wie Schimmel auf der Konfitüre über seine ganze Seele, drang in jede Ritze ein, bis es schliesslich alles zudeckte und wie die Nebeldecke keinen Sonnenstrahl mehr durchliess. Sonnenstrahl. Das war das einzige Wort das ihn noch aus der Lethargie reissen konnte. Seraphino packte seinen Rucksack. Zuunterst legte er, gut in Zeitungspapier eingewickelt, eine Flasche Montecalvi. Flüssigen Sonnenschein aus der Toscana. Darüber kam die Wäsche. Ein paar Unterhosen, Socken, Leibchen und einen dicken Pullover. Obendrauf legte er ein frisches, knuspriges Brot, einen ganzen Reblochon, einen Hirschsalzis und drei Orangen. Dann kamen noch ein paar Zeitungen dazu und zuoberst die Thermosflasche mit heissem Tee mit einem Schuss für den Aufstieg. Die restlichen Sachen zum Überleben hatte er schon im Herbst hochgebracht.

Seraphino Ambroisie klopfte seine Schuhe gegen den von Wind und Wetter gezeichneten Türrahmen aus Holz. Der Aufstieg war beschwerlicher gewesen als auch schon. Schnee fiel in den Eingang als er die Türe seines Häuschens öffnete über dem sich ein strahlendblauer Himmel wölbte. Die Sonnen schien durch die Fenster deren Läden er bei seiner Ankunft geöffnet hatte und beleuchtete die einfache aber praktische Möbilierung. An der Wand, unter dem Fenster stand ein Tisch vor einer Eckbank, dazu zwei Stühle. Links davon befand sich der Ofen auf dem man kochen konnte. Dahinter die Türe zum Vorratsraum und daneben der Eingang zur Stube. Die Schlafstatt war oben. Warmwasser gab es nur wenn man es auf dem Ofen heiss machte. Dafür gab es Ruhe, absolute Ruhe. Im Sommer hörte man Vögel und in der Nacht allerlei Tiere aber jetzt, im Winter, war es still.

Den Nachmittag hatte Seraphino Ambroisie an der Sonne lesend verbracht. Anschliessend, es wurde schon dunkel und die ersten Sterne glitzerten am Himmel, füllte er den Holzvorrat in der Küche auf. Er nahm die Flasche Wein aus dem Rucksack, öffnete sie, schenkte sich ein Glas ein, roch daran und probierte eine Schluck. Er war gut, vermutlich hatte es keinen Tropfen mehr in der Flasche bevor er ins Bett ging. Seraphino nahm einen Topf von der Wand, stellte ihn auf den Herd und goss ein wenig Olivenöl hinein. Dann schnitt er eine Zwiebel klein und schwitze sie goldgelb an. Daneben kochte er Wasser auf, gab ein paar Löffel Gemüsebouillon hinein und leerte das ganze zu den Zwiebeln. Dann liess langsam Polenta durch die Finger in die Flüssigkeit rieseln, sowie ihm das schon seine italienische Grossmutter gezeigt hatte, rührte ein paar Mal mit der Holzkelle um setzte den Deckel auf. Gegen Schluss würde er noch einen halben Reblochon in Streifen und dann in Stücke schneiden und dazugeben. Aber in der Zwischenzeit wollte er seinem Weinglas etwas Gesellschaft leisten. Das hatte es verdient. Und er auch ...

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